Inklusion in der Wetterau - Becker-Bösch:" Wir brauchen einen Perspektivwechsel!"

Sep 27 2019

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2015 hat sich der Kreistag des Wetteraukreises verpflichtet, die UN- Behindertenrechtskonvention umzusetzen und damit die Inklusion im Wetteraukreis voranzubringen. Der Kreisausschuss hat eine Lenkungsgruppe beauftragt, um einen Aktionsplan vorzubereiten und hat damit deutlich gemacht, dass sich die Gremien des Wetteraukreises nachdrücklich für die Rechte der Menschen mit Behinderung einsetzen.

Vorsitzender des mittlerweile gebildeten Inklusionsbeirates ist Professor Manfred Thrun, der auch die Lenkungsgruppe geleitet hat. Fast vier Jahre haben zunächst die Lenkungsgruppe und nach Gründung des Inklusionsbeirates die Sprecher der eingesetzten Arbeitsgruppen an einem Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wetteraukreis gearbeitet. „Was wir wollen, ist ein genereller Perspektivenwechsel von der Integration zur Inklusion“, sagt Erste Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch als zuständige Sozialdezernentin.

„Unter Integration wird die Anpassung der Menschen mit Behinderungen an das vorhandene System verstanden. Inklusion im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention bedeutet dagegen die Anpassung des Systems an die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Menschen“, beschreibt Prof. Thrun den Ansatz der Lenkungsgruppe.

 

Die Vision der inklusiven Wetterau

Wie weitreichend diese Forderung ist und was alles damit zusammenhängt, das haben die Lenkungsgruppe, später die Arbeitsgruppen in den vergangenen vier Jahren in unzähligen Sitzungen erarbeitet. Sechs Menschen gehören der Gruppe an. Sie vertreten die verschiedenen Arbeitsgruppen.

Auf mehr als 50 Seiten wurden Handlungsfelder definiert, die Thematik einleitend vorgestellt und dann Visionen und Ziele für eine inklusive Wetterau definiert. Aktuell befindet sich der Aktionsplan in der Endredaktion. Das Grundgerüst und die entscheidenden Punkte sind aber definiert, „vor allem unsere Vision von einer Wetterau, in der Menschen mit und ohne Behinderung gleichberechtigt, selbstbestimmt und wertschätzend zusammenleben“, so Prof. Manfred Thrun. Dabei wird die Würde jedes einzelnen Menschen gewahrt. Menschen werden nicht auf ihre Defizite reduziert, sondern mit ihren unterschiedlichen Begabungen und Möglichkeiten wertgeschätzt. Das Bewusstsein und die Akzeptanz für eine inklusive Gesellschaft ist auch bei Menschen ohne Behinderung Normalität. Das öffentliche Leben im Wetteraukreis wird dann so organisiert sein, dass die Infrastruktur in allen Bereichen, insbesondere im Bildungs-, Gesundheits-, Sozial- und Verkehrswesen von allen Menschen ohne Einschränkung nutzbar ist.

 

Konkrete Problemlösungen

Der Inklusionsbeirat setzt sich aber nicht nur für die theoretischen Fragestellungen ein, auch ganz praktische Themen werden dabei behandelt. Thomas F. ist ein junger Mann mit der Diagnose Autismus, der nach seiner Schulausbildung gerne ein Freiwilliges Soziales Jahr machen möchte. Sowohl der Träger als auch die Bundesorganisation sehen sich allerdings nicht in der Lage, Unterstützung für die notwendigen Seminartage zu gewähren. Ein Vorschlag ging dahin, einfach auf die Seminartage zu verzichten. „Das“, klagt Jochen Rolle, Geschäftsführer von Inklusive Arbeit (InkA), „hat nun gar nichts mit Inklusion zu tun und ist eigentlich beschämend für die Beteiligten“. Ein anderes Beispiel betrifft Svenja P. Sie besucht derzeit die neunte Klasse im Rahmen der Inklusion. „Wir wollen jetzt, dass sie für weitere drei Schuljahre eine Berufsschule besuchen kann, um gleichgestellt zu sein mit den Absolventen von Förderschulen, die zwölf Jahre beschult werden und dann entsprechend mit 18 Jahren versuchen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Svenja ist aber erst 15. Die drei Jahre fehlen ihr noch. Hier kommen wir einfach mit den Schulen nicht weiter. Der Inklusionsbeirat hat Problemlösungen vorgeschlagen, zu denen es aber bislang noch keine Resonanz von den Schulen gibt, obwohl das Schuljahr schon begonnen hat.“

 

Bildunterschrift:

Die Lenkungsgruppe arbeitet sein vier Jahren an einem Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wetteraukreis. V.l. Matthias Koch (Diakonisches Werk Wetterau), Prof. Manfred Thrun, Christa Mansky (Frauennotruf Wetterau), Rainer Gimbel (Yourplace Ortenberg), Jochen Rolle (InkA) und Edda Weber (Inklusionsbeirat).

 

 

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