Rund 2.500 Jugendliche beenden jedes Jahr in der Wetterau ihre Schulausbildung. Die meisten haben einen ordentlichen Abschluss in der Tasche und mit Hilfe von Familie und Freunden auch einigermaßen klare Vorstellungen, wie es weitergeht. "Wo aber die Familie nicht unterstützen kann, wo die Orientierung fehlt und auch der Schulabschluss nicht oder nur mit Mühe geschafft wurde, braucht es Beratung und Unterstützung, vielleicht auch für längere Zeit“, erinnert Die Wetterauer Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch.
„Unser Klientel sind nicht diejenigen, die schnurstracks zum Abitur streben, sondern die, die sich schwertun. Wenn junge Leute im Übergang von Schule zu Beruf stolpern, dann versuchen wir, mit ihnen andere Wege in eine berufliche Perspektive zu entwickeln.“ Charlotte Grell ist seit neun Jahren in der Jugendberufshilfe tätig. Die ausgebildete Sozialarbeiterin definiert ihren Arbeitsauftrag gleich doppelt: einerseits benachteiligten jungen Menschen im Übergang von Schule zu Beruf Hilfe anzubieten und andererseits Netzwerke zu knüpfen mit all jenen, die in diesem Arbeitsbereich tätig sind.
Wenn junge Leute nach der Schule drohen verloren zu gehen, wollen wir sie erreichen
Weil Bund und Land, Arbeitsagentur und Jobcenter regelmäßig Programme auflegen, die junge Menschen in dieser Lebenssituation begleiten, ist es umso wichtiger, solche Netzwerke zu knüpfen, um für alle Betroffenen möglichst gut angepasste Angebote zu finden. Oder diese zu ergänzen.
Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch sieht hier gut angelegtes Geld. „Wir wollen Jugendliche, die Gefahr laufen, ohne Berufsabschluss in die Langzeitarbeitslosigkeit zu kommen, frühzeitig erreichen, um zu intervenieren und eine Abwärtsspirale umzudrehen.“
Die Angebote sind vielfältig: von Berufsvorbereitungsklassen wie „Praxis und Schule“ (PuSch-Klassen) bis hin zur Einstiegsqualifizierung und besonderen Programmen, etwa die geförderte Ausbildung für junge Erziehende, Berufsorientierungs- und Berufsvorbereitungslehrgänge. Für Jugendliche mit Migrationshintergrund gibt es besondere schulische Angebote wie Intensivklassen und Intensivkurse oder das Programm Integration durch Anschluss und Abschluss (kurz INTEA) und weitere Bildungsangebote bei freien Trägern.
Wichtig für die Arbeit in der Jugendberufshilfe ist, die Anforderungen so zu formulieren, dass sie angepasst sind an die realistischen Möglichkeiten der jungen Leute. Manchmal ist es schon ein Erfolg, sie so zu stabilisieren, dass sie mehrwöchige Maßnahmen auch durchhalten und sich dabei eigene Perspektiven erarbeiten. Besonders schön ist es aber, wenn man auf Dauer sieht, wie erfolgreich die eigene Arbeit ist, wie etwa am Beispiel des 23-Jährigen Milat. Der junge Afghane kam als Jugendlicher nach Deutschland. Mit Unterstützung eines Coachs absolvierte er eine Ausbildung als Karosseriebauer und kann nun als Fachkraft auf eigenen Füßen stehen, ohne auf Unterstützung angewiesen zu sein.
Auch mal etwas Neues ausprobieren
„Der Gesetzgeber hat erkannt, dass vor Ort in den Landkreisen und Kommunen das größte Knowhow für die tatsächlichen Probleme und die besten Lösungen vorhanden sind. Mit kommunalisierten Landesmitteln, aber auch mit dem eigenen Jugendberufshilfebudget können wir passgenaue und ergänzende Unterstützungen bieten. Hierfür werden insbesondere die Mittel aus dem hessischen Ausbildungs- und Qualifizierungsbudget zielführend investiert “, so Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch. Das helfe auch Neues auszuprobieren und ausgetretene Pfade zu verlassen.
Die Jugendberufshilfe
Die Jugendberufshilfe des Wetteraukreises richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene bis zum Alter von 27 Jahren mit Wohnort Wetterau und Problemen im Übergang Schule Beruf. Soziale Benachteiligung, individuelle Beeinträchtigungen aber auch Probleme in der schulischen oder beruflichen Ausbildung, bei der Eingliederung in die Arbeitswelt sind Themen, für die die Jugendberufshilfe im Einzelfall oder in Form von kollegialer Beratung Ansprechpartnerin ist. Der Fokus liegt aber auf der Netzwerkarbeit mit den regionalen Ansprechpartnern, sowie der Regionalen Koordination der landesweiten Strategie OloV (Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule-Beruf) und der Umsetzung von Fördermaßnahmen im Rahmen des hessischen Ausbildungs- und Qualifizierungsbudgets.
Bild: Umrahmt von Figuren der Vergangenheit präsentieren Erste Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch und Charlotte Grell eine Broschüre, die jungen Menschen einen Weg in die (berufliche) Zukunft weist.