Inklusion ist kein Zustand, sondern eine Haltung

Aug 28 2019

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Um das Thema Inklusion ist es in der letzten Zeit etwas ruhiger geworden. "Im vergangenen Jahr hat der Wetteraukreis ein vierjähriges Projekt als Modellregion abgeschlossen. Das bedeutet aber nicht das Ende der Inklusion in der Wetterau", so Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch. Jetzt gilt es, konkrete Maßnahmen zu treffen und immer wieder das Thema Inklusion auf die Tagesordnung zu bringen.

Ziemlich genau zehn Jahre ist es her, dass in Deutschland mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention die Voraussetzungen geschaffen wurden für die volle gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. „Dabei bedeutet Inklusion die Nicht-Ausgrenzung, der Respekt und die Toleranz dem anderen gegenüber, das Recht auf selbstbestimmte Teilhabe, ohne aufgrund von Behinderung benachteiligt zu werden“, definiert die Wetterauer Sozialdezernentin.

Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in die Politik einbringen

Konkret mit dem Thema beschäftigt sich der eigens ins Leben gerufene Inklusionsbeirat, ein beratendes Gremium mit empfehlender Funktion für die Kreisgremien. Vorsitzender des Inklusionsbeirates ist Prof. Manfred Thrun, Mitglied des Kreisausschusses, der sich auch schon vor seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben viele Jahre an führender Stelle im Berufsförderungswerk mit dem Thema Inklusion und Teilhabe befasste.

„Unser Beirat ist das Instrument, das die Kreispolitik geschaffen hat, um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in die Politik einzubringen“, sagt Prof. Thrun. Der Inklusionsbeirat berät über alle Belange, die Bürgerinnen und Bürger mit Behinderung sowie deren Angehörige betreffen. Er erörtert die aktuellen Problemlagen dieser Menschen, macht Anregungen und Vorschläge für die Weiterentwicklung von Maßnahmen der Behindertenhilfe, entwickelt Maßnahmen, die die Integration von Menschen mit Behinderung fördern, und setzt sich für den Abbau von Benachteiligung von Menschen mit Behinderung ein.

Es gibt nicht nur den Rollstuhlfahrer

Dem Inklusionsbeirat gehören 38 Männer und Frauen an. Neben Vertreterinnen und Vertretern der Politik sind das Menschen aus allen gesellschaftlichen Bereichen und aus allen in der Wetterau tätigen Sozialverbänden. Fünf Arbeitskreise hat der Inklusionsbeirat gebildet. Einen davon leitet Rainer Gimbel. Er beschäftigt sich mit den Themen Freizeit, Bildung, Öffentlichkeitsarbeit.

„Im Freizeitbereich etwa wird oft das Augenmerk auf Menschen im Rollstuhl gerichtet. Dabei ist das Thema viel weiter zu fassen und betrifft auch Menschen mit Hör-, Seh- oder mit geistiger Behinderung. Und da könnte vieles besser gemacht werden wie andere Länder es schon vormachen. So kann man es mitunter abends in den Nachrichten sehen, wenn Nachrichtensendungen aus anderen Ländern eingespielt werden. Da ist oft ein Mensch zu sehen, der die Worte des Nachrichtensprechers oder des jeweiligen Gesprächspartners in Gebärdensprache übersetzt. Das gibt es bei uns auch, aber dafür gibt es besondere Spartenkanäle. Inklusion bedeutet aber, dass es Teil der normalen Nachrichten ist. Erst wenn wir uns wundern, wenn ein kleiner Bildausschnitt mit dem Gebärdendolmetscher fehlt, dann haben wir das entsprechende Bewusstsein erreicht“, erläutert Rainer Gimbel.

Prof. Thrun: „Wir wollen Grenzen verrücken!“

Gemeinsam mit Prof. Manfred Thrun und den anderen Mitgliedern des Inklusionsbeirates arbeitet Rainer Gimbel an einem Aktionsplan, in dem ganz konkrete Hinweise enthalten sind, wie die Behindertenrechtskonvention im alltäglichen Leben einer Kommune umgesetzt werden kann. Das 60-seitige Papier befindet sich derzeit in der Endredaktion. Noch im Oktober dieses Jahres soll der Aktionsplan vorgestellt werden. Manfred Thrun hat darin schon einige Erfahrungen. Als früherer Sprecher aller deutschen Berufsförderungswerke war er an der Erarbeitung des Aktionsplans für die Bundesregierung beteiligt.

„Bund und Land haben ihre eigenen Aktionspläne, jeder für seinen eigenen Bereich. Wir machen den Aktionsplan für den Kreis. Der muss dann wiederum auf die kommunale Praxis übergeleitet werden. Inklusion ist eine Haltung, die wir uns alle aneignen müssen, weil schließlich jeder selbst in die Lage kommen kann, aufgrund irgendeiner Einschränkung benachteiligt zu werden. Dabei gibt es so viele Möglichkeiten, Menschen mit Behinderung auch Aktivitäten zu erlauben, die auf den ersten Blick völlig unmöglich sind, wie etwa Segeln oder Rugby spielen. Sicher gibt es auch Grenzen, aber es gilt, diese Grenzen zu verrücken, und daran arbeiten wir“, betont Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch.

Der Inklusionsbeirat ist Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema Behinderung. Prof. Manfred Thrun ist auch per Telefon erreichbar: 0173/3073771 oder per E-Mail: m-thrun(at)arcor(dot)de.

 

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