Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Nov 27 2017

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„Null Toleranz gegenüber häuslicher Gewalt“, fordert Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch. Der 25. November ist der Tag gegen Gewalt an Frauen. „Frei leben – Tag gegen Gewalt“ steht deshalb auf der Fahne vor dem Kreishaus am Europaplatz. Gewalt hat viele Gesichter, sie reicht von der Gewalt, die Menschen in Kriegen und Konflikten erleben bis hin zur häuslichen Gewalt. Gewalt gegen Frauen und Kinder gehört auch zu den Themenschwerpunkten des Fachdienstes Frauen und Chancengleichheit.

Claudia Taphorn ist Frauenbeauftragte und im Fachdienst Frauen und Chancengleichheit mit dem Schwerpunkt Gewaltschutz tätig. Sie hat in Frankfurt Diplom-Sozialarbeit studiert, ihr Anerkennungsjahr beim Kinderbüro der Stadt Frankfurt absolviert und ist seit April 2010 beim Wetteraukreis. Zuerst im Erzieherischen Jugendschutz bei der Fachstelle Jugendarbeit und seit Juli 2014 beim Fachdienst Frauen und Chancengleichheit. Mit Kornelia Schäfer, Leiterin des Fachdienstes, teilt sie sich die Geschäftsführung des Kreispräventionsrates.

Im Gespräch sind es vor allem zwei Gebiete, die sie als Beispiele ihrer Arbeit zum Gewaltschutz herausgreift. Das Präventionsprojekt „Heartbeat“ und der Schutz vor häuslicher Gewalt in Flüchtlingsunterkünften.

Das Projekt „Heartbeat“ leitet Claudia Taphorn zusammen mit ihrer Kollegin Sarah Parrish, die im Fachdienst für die Mädchenarbeit zuständig ist. „Heartbeat“ ist ein junges und kreatives Projekt, das Jugendliche motivieren soll, ihre Beziehungskompetenzen zu erweitern und ein Gefühl für die eigenen Grenzen und grenzüberschreitendes Verhalten zu bekommen. „‘Heartbeat‘ begann im November 2016 und besteht aus sechs Workshops“, erzählt Claudia Taphorn. „Wir wollen die Jugendlichen auf Warnzeichen und Grenzverletzungen in Beziehungen aufmerksam machen und sie dazu anregen, sich mit ihren Gefühlen, Werten, Orientierungen und Einstellungen in Bezug auf Liebe, Partnerschaft, Männer- und Frauenrollen auseinander zu setzen.“ Die Methoden der Workshops: von Graffiti und Theater bis zu Hip-Hop und Trickfilm.

Dass grenzüberschreitendes Verhalten in jugendlichen Beziehungen durchaus ein Thema ist zeigen die Ergebnisse einer Studie der Hochschule Fulda. Es ist die bislang einzige Studie im deutschsprachigen Raum zum Thema „Gewalt und Grenzverletzungen in Teenagerbeziehungen“. Befragt wurden 500 hessische Schülerinnen und Schüler über emotionale, körperliche und sexuell schwierige Erfahrungen. Ergebnis: 68 Prozent der Mädchen und 60 Prozent der Jungen haben Gewalt oder Grenzverletzung in einer Liebesbeziehung erfahren.

„Wir machen die Erfahrung, dass Jugendliche selbst ihre Erlebnisse banalisieren und kein richtiges Empfinden für ihre Grenzen haben“, sagt Claudia Taphorn. Dass der Freund die Nachrichten auf dem Handy seiner Freundin liest, wird als durchaus normal angesehen. „Hinzu kommt, dass dies als Indikator für die Zuneigung gesehen wird. Dann wissen sie, es liegt ihm etwas an ihnen.“

Ein Gefühl für die eigenen Grenzen zu bekommen ist auch in einer Zeit von social media zu einer neuen Herausforderung geworden. Die Möglichkeiten der Kontrolle sind größer geworden und vieles wird schnell als normal gesehen, was es eigentlich nicht ist. Hinzu kommt, dass die Mädchen schneller in die Pubertät kommen, sexuelle Erfahrungen früher gemacht werden, dies aber nicht automatisch einen reiferen Umgang damit mit sich bringt.

Außerdem ist Claudia Taphorn auch Trainerin im Projekt „Gewalt, Sehen, Helfen“ des Kreispräventionsrates und arbeitet mit beim „Runden Tisches gegen häusliche Gewalt Wetterau“.

Weitere Informationen unter: http://www.frauenseiten.wetterau.de/schutz-vor-gewalt

http://www.kreispraeventionsrat.wetterau.de/home/

Keine Toleranz gegenüber häuslicher Gewalt…

… auch nicht in Flüchtlingsunterkünften. Und so ist dies ein weiteres wichtiges Thema im Bereich Gewaltschutz des Fachdienstes Frauen und Chancengleichheit.

Die Täter sind oftmals selbst Opfer, haben Gewalt im Heimatland oder auf der Flucht erlebt, kommen aus patriarchalisch geprägten Gesellschaften, aus Ländern, in denen die Gewaltschwelle bei der Austragung von Konflikten niedriger ist. Die Opfer, zumeist Frauen, sprechen wenig oder kein Deutsch, kennen die Hilfen nicht, die ihnen zustehen. Der Täter ist meist aus der eigenen Familie, nicht selten der eigene Mann, ohne den seine Frau sich in einem fremden Land noch schutzloser fühlt. Hilfe zu holen könnte den Verlust des Aufenthaltsstatus nach sich ziehen. Davor haben sie verständlicherweise Angst. Hinzu kommt die Scheu gegenüber der Polizei, der oft ein eigenes negatives Polizeibild aus dem Herkunftsland vorausgeht.

Weil zunächst die dringenden Fragen von Unterbringung und Versorgung bewältigt werden mussten, war für weitergehende Projekte wenig Zeit. Zu Beginn des Jahres wurde dann auf Initiative des Fachdienstes Frauen und Chancengleichheit eine Veranstaltung mit vielen internen und externen Vertretern abgehalten: Soziale Träger, Polizei, Frauen-Notruf, Frauenhaus, Aufenthaltsbehörde, Fachstelle Migration, Leitstelle und andere. Sie alle sollten eingebunden werden in ein gemeinsames Netzwerk, damit im Fall von häuslicher Gewalt schnell und kompetent geholfen werden kann. Ergebnis ist ein Handlungskonzept, das in den Unterkünften bei häuslicher Gewalt angewendet werden kann. Für alle 80 hauptamtlichen Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen gibt es regelmäßige Dienstbesprechungen, auch eine Fortbildung zum Thema Trauma wurde angeboten, für Hausmeister und Sozialarbeiter gab es ein Training mit Deeskalationstechniken.

Bild:

Sie setzen sich ein gegen Gewalt an Frauen: Frauenbeauftragte Claudia Taphorn, Fachdienst Frauen und Chancengleichheit, und Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch.

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