Ort der Begegnung für psychisch erkrankte Menschen im ökumenischen Haus in Büdingen

Jun 06 2019

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In Tagesstätten finden seelisch behinderte Menschne ein Angebot, das sie individuell fördern und zu einer selbstständigen Lebensgestaltung befähigen soll. Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch besuchte vor wenigen Tagen die Tagesstätte des Diakonischen Werks in Büdingen im ökumenischen Haus. Dort sind die Angebote des Diakonischen Werks, der Caritas und der evangelischen Kirche unter einem Dach zu finden.

Tagesstätten für Menschen mit einer seelischen Behinderung sollen den Besucherinnen und Besuchern einen Ort bieten, an dem sie sich angenommen und geborgen fühlen, der ihrem Alltag eine Struktur, soziale Einbindung und Lebensfreude gibt. Die betreuten Personen werden darin unterstützt, Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Selbsthilfe zu entwickeln.

„Eine psychische Erkrankung führt häufig zu Rückzug, Isolation und Abbruch sozialer Kontakte. Die Belastungs- und Konzentrationsfähigkeit sind oft eingeschränkt. Auch ist eine geordnete Tagesstruktur für die Betroffenen nur schwer aufrechtzuerhalten“, erklärt Hans Joachim Heide, Leiter der Einrichtung.

Zwischen 30 und 40 Betroffene besuchen die Tagesstätte, manche zweimal die Woche, andere kommen jeden Tag. Die Häufigkeit der Besuche wird ein einem Hilfeplan festgelegt, hierbei werden auch die Wünsche der Betroffenen berücksichtigt.

Das Angebot der Tagesstätte

Neben einem gemeinsamen Frühstück, unter Anleitung selbst zubereitet, gemeinsamen Kochen des Mittagessen, Spielen, Ergotherapie wie Malen oder Holzarbeiten, stehen auch lebenspraktische Anleitungen auf der Tagesordnung. Es geht um alltägliche Dinge, wie das Ausfüllen eines Formulars oder die Regelung der Bankgeschäfte. In Büdingen werden zudem von den Besucherinnen und Besuchern der Tagesstätte die Hochbeete gepflegt, um dem Mittagessen mit frischen Kräutern ein gewisses Extra zu geben.

„Die Tagesstätte hier in Büdingen leistet, wie andere Tagesstätten auch, eine wichtige Arbeit, um die Betroffenen zu unterstützen. Sie stellt behutsame Anforderungen, damit die Besucherinnen und Besucher Schritt für Schritt wieder belastbarer und leistungsfähiger werden. Hier steht definitiv der jeweilige Mensch im Mittelpunkt des Handelns, denn Ausgangspunkt bei der Planung der Hilfen sind dabei die individuellen Ziele und Möglichkeiten der jeweiligen Person. Genau diese Vorgehensweise muss bei allen Hilfen und Maßnahmen handlungsleitend sein. Ausgehend von der aktuellen Situation die spezifische Herausforderung erkennen, Unterstützung planen und dann umsetzen. So kann auch ein Leben mit einer Einschränkung machbar sein“, ist die Meinung der Ersten Kreisbeigeordneten.

Hilfe auch zu Hause

Das Diakonische Werk bietet auch das betreute Wohnen an. Betreutes Wohnen ist ein ambulantes Hilfsangebot für Menschen, die aufgrund einer seelischen Erkrankung vorübergehend oder auf Dauer Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags benötigen. Die Hilfe richtet sich an Betroffene, die in der eigenen Wohnung alleine oder mit Familienangehörigen leben. Je nach Hilfebedarf finden ein oder mehrere Kontakte pro Woche statt. Auch bei dieser Hilfe geht um alltägliche Dinge, wie die Regelung von Behörden- und Bankangelegenheiten oder die Planung des eigenen Haushaltes.

Neue Wege gehen – die virtuelle Tagesstätte

Die Zielsetzung der Virtuellen Tagesstätte unterscheidet sich im Kern nicht von denen anderer Tagesstätten. Dennoch gibt es eine gravierenden Unterschied: Die Hilfen werden für einen kleine Gruppe von eher jüngeren Betroffenen erbracht, lösgelöst vom Ort der Tagesstätte. Das besondere Angebot der virtuellen Tagesstätte ist für einen Personenkreis entwickelt, dessen die Leistungsfähigkeit auf sehr individuelle Art eingeschränkt ist. Das gemeinschaftliche Verbringen des Tages orientiert sich an den Wünschen der Gruppe. Die Angebote können individueller gestaltet werden und in der virtuellen Tagesstätte kann noch mehr die Förderung der Selbständigkeit in den Focus der integrativen Hilfen gerückt werden.

Betroffene sind Experten in eigener Sache

„Seitdem 1975 verabschiedeten Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland, so die offizielle Bezeichnung der Psychiatrie-Enquete, hat sich vieles verändert. Aus Patienten wurden Klienten, dann Betroffene und bald werden wir sie alle Experten nennen. Denn wer ist ein Experte? Eine Person, die sich auf einem bestimmten Gebiet gut auskennt“, so Eckhard Sandrock, Leiter des Diakonischen Werks Wetterau. Als Experten in eigener Sache wählen die Gäste der Tagesstätte regelmäßig die Beiräte des Psychosozialen Zentrums aus ihren Reihen. Die Beiräte sind Teil des Führungsgremiums, tragen Wünsche vor und sind gleichberechtigte Partner wenn es um Entscheidungen für die Tagesstätte geht.

„Je nachdem, welchen Zeitraum bzw. welche Statistik man betrachtet, hat der relative Anteil psychischer Erkrankungen um das Doppelte, Dreifache oder gar Vierfache zugenommen in den vergangenen Jahrzehnten. Manche Menschen können wieder gesunden, doch manche sind lebenslang eingeschränkt. Die Arbeit mit und für die Betroffenen, die das Diakonische Werk Wetterau an fünf Standorten in unserer Region seit vielen Jahren leistet, ist in der sozialpolitischen Architektur des Wetteraukreises unverzichtbar. Aus meinem Gespräch heute, auch mit den Experten in eigener Sache, kann ich nur ein Fazit ziehen: Es ist gut, was hier getan wird“, so abschließend Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch.

 

Bildunterschrift: Eckhard Sandrock (Diakonisches Werk), Sybille Schmidt und Christoph Truschzinski (Beiräte), Stephanie Becker-Bösch und Hans Joachim Heide (Diakonisches Werk) vor einem Kräuterhochbeet

 

 

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