RuMmS: Regeln und Maßnahmen machen Sinn

Apr 24 2017

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Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch hat die Wohngruppe für Jungen in Pohl-Göns besucht. „Wir haben hier feste Regeln, die alle einhalten müssen“, erklärt Daniel K. (Name geändert), 17 Jahre alt und Heimrat im Jugendhof. „RuMmS – Regeln und Maßnahmen machen Sinn“ ist ein Steuerungssystem für Gruppen und wurde 2002 von Fritz Philipp, Leiter einer Jugendhilfeeinrichtung in Norddeutschland, entwickelt.

Für das Einhalten der Regeln gibt es Pluspunkte, mit denen Privilegien und Vergünstigungen verbunden sind. Wer gegen die Regeln handelt muss sich allen Bewohnern stellen und kann sein Verhalten erklären. Sind die anderen nicht bereit, die Erklärung zu akzeptieren, gibt es eine Sonderaufgabe zur Wiedergutmachung, aber manchmal auch Punktabzug. „Dadurch lernen alle hier im Haus, dass Regeln und Maßnahmen ihren Sinn haben“, sagt Daniel. In der Wochenbesprechung mit den Betreuern kommen immer wieder Themen wie Hygiene, Ordnung und Sozialverhalten auf den Tisch. „Neun Jungs – da hakt es manchmal und wir lernen, Probleme auszudiskutieren. Ich musste mich auch schon mal für mein Fehlverhalten verantworten. Dadurch habe ich gelernt, dass das Zusammenleben immer auch Rücksichtnahme bedeutet. Das RuMmS ist für uns alle ein Ansporn, voneinander und miteinander zu lernen.“ Daniel ist seit zwei Jahren im Jugendhof und derzeit im ersten Lehrjahr in einem Handwerksbetrieb.

Den Jugendhof gibt es seit 40 Jahren

Eine bildhafte Beschreibung drückt die Arbeit der Einrichtung wohl am besten aus: Die Jungen tragen einen mit Problemen vollgepackten Rucksack auf dem Rücken. Im Jugendhof gibt es Hilfestellung, damit der Rucksack leichter werden kann - die Päckchen herausholen müssen die Jungen aber selbst.

Der Jugendhof Pohl-Göns bietet seit 1977 in einer großen Hofreite Platz für neun Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren. Der Pädagoge Thomas Kozielski nennt die pädagogischen Leitgedanken: „Wir sehen es als zentrale Aufgabe an – ausgehend von einem humanistischen Menschenbild – den Jungen eine entwicklungsfördernde Atmosphäre zu bieten, sie sollen sich hier angenommen fühlen und emotionalen Halt finden. Durch konfrontative Pädagogik und den Personzentrierten Ansatz nach dem amerikanischen Psychologen Carl Rogers (1902-1987) wollen wir die Jungen anleiten, selbstständig zu werden.“ Der Personzentrierte Ansatz ist getragen von Wertschätzung und Einfühlung und ist mehr eine Einstellung, als eine Methode. Bei der Konfrontativen Pädagogik wird signalisiert: „Ich verstehe dich, aber bin nicht einverstanden.“ In der Gruppe der Gleichaltrigen machen die Jungen die Erfahrung, dass sie anderen Menschen helfen und etwas bewirken können; das ist Selbstedukation in der Gruppe.

Becker-Bösch: Gelebte Hilfe zur Selbsthilfe

Die Jungen kommen mit verschiedenen Problemen hierher: Störung des Sozialverhaltens, belastende Lebenserfahrungen oder Leistungsverweigerung. Die Problemlagen sind vielschichtig und werden nicht selten mit Gewalt zu lösen versucht. So ist das Coolnesstraining, das einmal im Jahr wöchentlich über zehn Wochen verpflichtend durchgeführt wird, ein richtiger und wichtiger Ansatz um die sozialen Kompetenzen zu stärken.

Die freizeit-und erlebnispädagogischen Angebote sind passgenau auf die Jungen zugeschnitten. Eine Besonderheit ist das Motocross-Projekt. Jeder Jugendliche pflegt und wartet ‚seine‘ Maschine und kann unter Anleitung auf der Motocross-Strecke des AMC in Langgöns fahren. Verantwortung für die Maschine und der schnelle Erfolg beim Fahren spricht gerade Jugendliche stark an. „Die familiäre Atmosphäre im Jugendhof und die hohe Professionalität sind beeindruckend. Die Pädagogen ziehen sich in dem Maß aus der Betreuung zurück, wie die Jungen selbstständiger werden. Das ist gelebte Hilfe zur Selbsthilfe“, resümiert Stephanie Becker-Bösch.

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