Trotz Corona: Frauenhäuser bieten weiterhin Schutz

Aug 23 2021

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Zuhause, im geschützen Raum verbleiben, um das Virus zu bekämpfen. Im vergangenen Jahr bedeutete dies für viele Familien, sich auf engem Raum organisieren zu müssen. Doch für viele Frauen und Kinder bot das Zuhause keinen sicheren Ort. Die Zahlen häuslicher Gewalt nahmen im vergangenen Jahr zu. Frauenhäuser erfuhren in diesem Zusammenhang viel  Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Gemeinsam mit der Kreisbeigeordneten des Hochtaunuskreises Katrin Hechler besuchten die Erste Kreisbeigeordnete des Wetteraukreises Stephanie Becker-Bösch das AWO Frauenhaus Lotte Lemke um sich über die Situation vor Ort zu erkunden.   

Frauenhäuser sind für viele von Gewalt betroffenen Frauen und ihren Kinder eine wichtige Anlaufstelle. Die ohnehin schon herausfordernde Arbeit wurde durch die Corona Krise um einiges erschwert. Welche Auswirkungen sie auf den (Arbeits-)Alltag hatte, verdeutlicht Dagmar Wacker, Einrichtungsleiterin des AWO Frauenhauses „Lotte Lemke“: „Was durch die Krise deutlich geworden ist, ist, wie wenig Kapazität für die Aufnahme von schutzsuchenden Frauen und Kindern grundsätzlich besteht. Das Problem bestand schon vor Corona. Aber auch hier hat die Krise die Lücken lediglich zum Vorschein gebracht.“

Wie überall auch, mussten auch im Frauenhaus Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeit und den Kontakt mit den Bewohnerinnen getroffen werden. Einhalten von Sicherheitsabständen, Maskentragen und eine zeitliche Begrenzung von 30 Minuten bei den Beratungsgesprächen. Eine große Herausforderung, so Wacker: „Beratungstermine und Gespräche standen nicht selten unter Zeitdruck. Dabei ist gerade das Zeitnehmen für die Frauen in den Gesprächen ein ganz wesentlicher Faktor.  Auch ausführliche Gespräche und Begegnungen im Haus konnten, wenn überhaupt, nur mit Maske und Abstand stattfinden. Nähe herzustellen und aufrechtzuerhalten war dementsprechend schwerer.“  

Zudem kam die Angst vor einer möglichen Infektion. Ein Verdachtsfall bedeutet für die Bewohnerinnen: Quarantäne mit den Kinder im eigenen Zimmer. „Die Befürchtung vor einer Insolation auf engstem Raum bereitete den Frauen große Sorge. Nicht selten mussten sie in ihrer Vergangenheit traumatische Erfahrungen mit sozialer und räumlicher Isolation machen. Das kam nun alles wieder hoch“, beschreibt Dagmar Wacker.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        

Auch auf den Ablauf der Beratungen hatte Corona großen Einfluss. Um die Kontaktverfolgung sicherzustellen, konnten die persönlichen Beratungen nicht anonym stattfinden. „Die offene Sprechstunde mussten wir ausfallen lassen und stattdessen auf Terminvereinbarungen wechseln. Nichtsdestotrotz wurde das Angebot sehr gut angenommen. Die Betroffenen waren froh, dass trotz allem überhaupt eine Beratung vor Ort möglich war“, erzählt Wacker.

Insbesondere der Zulauf in der Beratungsstelle habe zugenommen: „In den letzten 1,5 Jahren hat die Zahl an Beratungsgesprächen zugenommen. Wir informieren die Frauen über entsprechende Hilfsmöglichkeiten rund um das Thema häusliche Gewalt und unterstützen sie auch bei Anträgen im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes.“

Für die beiden Sozialdezernentinnen aus dem Wetterau-  und des Hochtaunuskreises ist ein Thema von besonderer Wichtigkeit: Präventionsarbeit und Sensibilisierung für das Thema Gewalt an Frauen.

„Gewalt – vor allem gegenüber Frauen – ist vielschichtig. Automatisch denkt man bei Gewalt an körperliche Gewalt, doch das ist zu einseitig gesehen. Seelische Gewalt durch Bedrohen und Beschimpfen, soziale Gewalt wie Einsperren oder Geld wegnehmen und nicht zu vergessen sexuelle Gewalt sind weitere Ausprägungen“, erklärt Erste Kreisbeigeordnete des Wetteraukreises Stephanie Becker-Bösch. „Diese Formen der Gewalt zu kennen, ist wichtig, um entsprechend frühzeitig auch eingreifen zu können für den Fall, dass es zu Gewalt im eigenen Umfeld kommt. Hier muss Präventionsarbeit ansetzen, in Form von Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, aber auch in Form von Weiterbildungen.“

Dem stimmt Dagmar Wacker zu: „Wir bieten hier bei uns auch Workshops zum Thema häusliche Gewalt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der ambulanten Erziehungshilfe an. Uns ist wichtig, das Thema in andere soziale Einrichtungen zu bringen, dort zu informieren und auch Kooperationen einzugehen um die Menschen zu sensibilisieren um Warnsignale von Gewalt frühzeitig erkennen zu können.“

Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin des Hochtaunuskreises Katrin Hechler appelliert abschließend:

“Wir können froh sein, dass wir in den Frauenhäuser Menschen haben, die sich der Thematik mit einer hohen Professionalität und viel Engagement annehmen. Dennoch: die Gewalt an Frauen nimmt weiterhin zu. Jeder Fall ist einer zu viel. Oftmals findet Gewalt im Verborgenen statt, ohne dass es öffentlich gemacht wird. Umso wichtiger ist es, hinzuschauen und zu reagieren. Jeder Frau, die sich in einer entsprechenden Notsituation befindet, können wir nur aufrufen, sich an eine Beratungsstelle zu wenden. Auch in Krisenzeiten sind die Mitarbeiterinnen erreichbar. Frauen können sich jederzeit, egal in welchem Alter sie sind, der Situation stellen und Hilfe und Unterstützung holen.“

Bildunterschrift: Erste Kreisbeigeordnete des Wetteraukreises Stephanie Becker-Bösch besuchte gemeinsam mit Kreisbeigeordneter des Hochtaunuskreises Katrin Hechler das AWO Frauenhaus Lotte Lemke

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