„Um es klar und deutlich zu sagen, Väter und Mütter, die ihren Unterhaltsverpflichtungen nicht nachkommen, obwohl sie es könnten, handeln moralisch verwerflich.“ Erste Kreisbeigeordnete Stephanie Becker-Bösch sieht die Situation sehr kritisch. Rund 3,4 Millionen Euro haben zahlungspflichtige Väter und in geringem Ausmaß auch Mütter im vergangenen Jahr nicht an ihre Sprösslinge beziehungsweise den anderen Elternteil gezahlt. Dafür ist der Wetteraukreis über die Unterhaltsvorschusskasse in Vorleistung gegangen.
Selbstverständlich ist neben der Auszahlung der Leistung auch die Rückholung von den säumigen Unterhaltsverpflichteten Teil der Aufgabe der Unterhaltsvorschusskasse. Die sogenannte Rückholquote betrug 2016 noch 32 Prozent, der Landesdurchschnitt damals unter 20 Prozent. „Heute liegen wir im hessischen Ranking im vorderen Mittelfeld, aber analog dem Bundes- und Landestrend ist die Rückholquote auch bei uns erheblich zurückgegangen, auf zur Zeit 13 Prozent“, erläutert die Wetterauer Sozialdezernentin.
Aktuell erhalten rund 50 Prozent der Alleinerziehenden Unterhaltsvorschuss. „Sicher liegt das nicht immer am fehlenden Willen der unterhaltspflichtigen Väter oder Mütter, dass keine Zahlungen geleistet werden. Manchmal ist es schlichtweg das fehlende Einkommen. Dass aber bei der Hälfte der Unterhaltsverweigerer tatsächlich zu geringes Einkommen ausschlaggebend sein soll, das kann ich nicht so recht glauben“, sagt Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch.
Bundesweit rechnet man mit zehn Milliarden Euro, die entsprechend Verpflichtete an Unterhalt verweigern. Die Vorstellung, dass all diese Personen nicht zahlen könnten, wird allein durch die Statistik widerlegt. Danach liegen nur etwa 20 Prozent der Männer mit ihrem Gehalt unterhalb der Schwelle von etwa 1.100 Euro netto im Monat. 80 Prozent liegen darüber und könnten auch Unterhaltszahlungen leisten.
Becker-Bösch empfiehlt deshalb eine enge Zusammenarbeit mit den Finanzbehörden „Zum Beispiel könnte durch einen strukturierten Datenabgleich der Wahrheitsgehalt der Einkommensangaben überprüft werden. Unterhaltspflichtverletzung ist kein Kavaliersdelikt.“
Elternteile, die auf die Zahlungen des jeweiligen anderen angewiesen sind, haben die Möglichkeit, sich den Unterhalt über den rechtlichen Weg einzuklagen. Dies bedeutet jedoch einen anstrengenden Weg mit Rechtsanwälten und Gerichten. „Das wollen wir den alleinerziehenden Elternteilen ersparen und deshalb ist es auch gut, dass hier der Staat in Vorleistung geht. Die säumigen Elternteilen sollten aber zur Not auch mit Druck auf ihre Pflichten hingewiesen werden.“